Professionelles Lehrer*innenwissen im Bereich emotionale und soziale Entwicklung
Kontinuierlich setzen sich Schulen mit der Realisierung von Inklusion auseinander (Hennemann et al., 2017). Im Zusammenhang mit dem Förderschwerpunkt emotional-soziale Entwicklung sind besonders Unterrichtsstörungen sowie soziale Ablehnung verhaltensauffälliger Kinder durch ihre Mitschüler*innen charakteristisch (Simpson, 2004; Krull, Wilbert, & Hennemann, 2018). Viele Lehrkräfte fühlen sich mit solchen herausfordernden Situationen belastet und wenig unterstützt (Talmor, Reiter, & Feigin, 2005). Sie wünschen sich konkrete, praxisrelevante und evidenzbasierte Methoden zur Reduzierung von Unterrichtsstörungen und der Maximierung von Partizipation aller Schüler*innen ihrer Klassen.
Um solche Modelle zu entwickeln und auf ihre Wirksamkeit zu untersuchen, wird seit März 2018 das vom BMBF geförderte Projekt PARTI an der Universität zu Köln und der Bergischen Universität Wuppertal durchgeführt: Auf Basis des response-to-intervention-Modells (RTI-Modell) (Fuchs & Fuchs, 2006) wurde ein erweitertes Modell formuliert („partizipationsorientiertes Response-to-Intervention-Modell“, PARTI-Modell). Dieses soll Lehrkräfte unterstützen, evidenzbasierte Fördermethoden zur Reduktion von Unterrichtsstörungen zu erlernen, auf die Partizipation aller Schüler*innen auszurichten und kooperativ umzusetzen.
Im Projekt werden Lehrkräfte im PARTI-Modell fortgebildet und anschließend mit einer unbehandelten Kontrollgruppe verglichen. Eine Hypothese ist, dass sich Lehrkräfte durch die Fortbildung konzeptuelles Wissen zu inklusivem Unterricht (Fokus emotionale und soziale Entwicklung) aneignen und während der Implementation des konkreten Modells situationsspezifisches Wissen über Klassenführung im Bereich Inklusion mit Schwerpunkt auf emotional-soziales Verhalten von Schüler*innen erwerben.
Um diese Wirksamkeitsaussagen prüfen zu können, werden u.a. psychometrisch robuste Kompetenztests benötigt, die das Lehrer*innenwissen im Bereich emotionale und soziale Entwicklung mit dem Schwerpunkt auf externalisierendem Problemverhalten (ADHS und aggressives Verhalten) messbar machen. Da solche Tests noch nicht vorliegen, werden sie aktuell in mehrschrittigen Verfahren entwickelt und erprobt. Die Entwicklung der beiden Kompetenztests nutzt als Vorarbeit (1) einen Test zur Erfassung von pädagogischem Wissen für inklusiven Unterricht (König et al., 2017) sowie (2) einen videobasierten Test zur Erfassung von Klassenführungsexpertise (König, 2015).
Literatur:
Fuchs, D. & Fuchs, L. S. (2006). Introduction to response to intervention: what, why, and how valid is it? Reading Research Quarterly, 41(1), 93–99.Hennemann, T., Casale, G., Fitting-Dahlmann, K., Hövel, D., Hagen, T., Leidig, T. & Wilbert, J. (2017). „Schulen auf dem Weg zur Inklusion“ – Konzeption, Evaluation und erste Befunde eines landesweiten Qualifizierungsprogramms zur Umsetzung von Inklusion in Nordrhein-Westfalen. Zeitschrift für Heilpädagogik, 68(11), 532–544.
König, J. (2015). Measuring Classroom Management Expertise (CME) of Teachers: A Video-Based Assessment Approach and Statistical Results. Cogent Education, 2 (1), 991178.
König, J., Gerhard, K., Melzer, C., Rühl, A.-M., Zenner, J., & Kaspar, K. (2017). Erfassung von pädagogischem Wissen für inklusiven Unterricht bei angehenden Lehrkräften: Testkonstruktion und Validierung. Unterrichtswissenschaft, 45 (4), 223-242.
Krull, J., Wilbert, J. & Hennemann, T. (2014). Soziale Ausgrenzung von Erstklässlerinnen und Erstklässlern mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Gemeinsamen Unterricht. Empirische Sonderpädagogik, 6, 59-75.
Simpson, R. L. (2004). Inclusion of students with behavior disorders in general education settings: Research and measurement issues. Behavioral Disorders, 30, 19-31.
Talmor, R., Reiter, S. & Feigin, N. (2005). Factors relating to regular education teacher burnout in inclusive education. European Journal of Special Needs Education, 20(2), 215–229.